Sitzung: 22.11.2023 Ausschuss für Wirtschaft, Finanzen und Energie
Beschluss: Abstimmungsergebnis: mehrheitlich dafür
Abstimmung: Ja: 6, Nein: 0, Enthaltungen: 1, Befangen: 0
Vorlage: II-392-2023
Beschlussvorschlag:
Der Rat der Gemeinde Wangerland beschließt
das freiwillige Haushaltskonsolidierungskonzept in der beigefügten Fassung. Die
im Rahmen der Finanzausschusssitzung am 22.11.2023 vorgeschlagenen, kurzfristig
umsetzbaren, Maßnahmen werden dem Rat zur Beratung und Beschlussfassung am
12.12.2023 vorgelegt. Darüber hinaus erhält die Verwaltung für die genannten
strukturellen Maßnahmen Konzeptionsaufträge.
Herr Wichmann verdeutlichte
mit seiner nachfolgend im Wortlaut abgedruckten Rede, dass die Haushaltslage
äußerst angespannt ist. Wo man hinsieht und hinhört, alle Kommunen stehen
aktuell vor enormen finanziellen Herausforderungen. So gehen auch alle
friesländischen Kommunen in ihrer Finanzplanung von einem unausgeglichen
Ergebnishaushalt im kommenden Haushaltsjahr aus (Gemeinde Bockhorn: - 2,8 Mio.
€, Stadt Jever: - 2,7 Mio. €, Gemeinde Sande: -1,1 Mio. €, Stadt Schortens: -
6,6 Mio. €, Stadt Varel: - 16,3 Mio. €, Gemeinde Zetel: - 4,8 Mio. € und der
Landkreis Friesland: - 24,8 Mio. €). Allen steht das Wasser also bis zum Hals,
und dass nicht, weil die Verwaltungen und ihre Räte nicht haushalten können,
sondern aufgrund des gestiegenen Kostendrucks und häufig nicht auskömmlicher
finanzieller Ausstattung durch Bund und Land.
Bereits bei den
Haushaltsberatungen 2023 in diesem Frühjahr zeichnete sich ab, dass die
Gemeinde Wangerland den Gürtel zukünftig etwas enger schnallen müsse. Bei der damaligen
Haushaltsplanung 2023 sind wir noch von einem Fehlbetrag von
- 750 TSD € für das Jahr 2024 ausgegangen.
Mittlerweile stehen viele wichtige Eckwerte, welche das Haushaltsergebnis
maßgeblich beeinträchtigen, fest, sodass sich der Fehlbetrag nach aktuellen
Prognosen auf satte 2,4 Mio € erhöhen wird. Zu nennen sind hier beispielsweise
die Personalkosten, welche um ca. 1,1 Mio € ansteigen werden oder auch die
steigenden Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von ca. 290 TSD €. Weiterhin
ist zu erwarten, dass auch die Kreisumlage weiter steigen wird. Gleichzeitig
gehen wir davon aus, dass aufgrund der gedämpften gesamtwirtschaftlichen
Konjunktur, der Anteil an der Einkommenssteuer bei 4 Mio. € stagnieren wird.
Aber egal wie stark sich die
finanziellen Verschlechterungen tatsächlich auf das Gesamtergebnis und den
Fehlbetrag auswirken werden, wichtig ist, dass wir frühzeitig den Entwicklungen
gegensteuern und nicht erst abwarten, ob nicht doch noch ein Wunder geschieht. Die
Zeiten, in denen wir von der Kommunalaufsicht eine Haushaltsnotlage bescheinigt
bekommen haben und uns ein Haushaltssicherungskonzept auferlegt wurde, dürfen
nicht zurückkehren, denn dann ist es eindeutig zu spät.
Man sollte auch nicht auf
weitere Entschuldungsverträge mit dem Land Niedersachsen hoffen. So gut und
wichtig dieser 10-jährige Zukunftsvertrag in den Jahren 2012 - 2021 war und zu
einer kräftigen Entlastung bei der Gemeinde gesorgt hat, so sehr waren die
darin festgelegten Maßnahmen zu sehr auf einen rigorosen Sparkurs ausgerichtet,
welcher zum Teil zu einem massiven Sanierungs- und Investitionsstau geführt
hat. Dieser Entschuldungsvertrag führte auch dazu, dass Sparpotenziale im
vielen Bereichen der Verwaltung häufig schon komplett ausgereizt wurden und es
auch heute noch sind.
Wir müssen also unbedingt
selbst für eine dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde sorgen, damit Rat und
Verwaltung weiterhin selbstbestimmt das Heft des Handelns in der Hand behalten
und strukturelle Fehlbeträge vermieden werden können.
Ein frühzeitiges
Gegensteuern ist aus Sicht der Verwaltung somit unerlässlich.
Und frühzeitig soll hier
auch das Stichwort sein: Noch nie waren wir so früh dran und haben zum Haushalt
eines kommenden Jahres bereits Anfang September erste Beratungen gehabt. In der
Interfraktionellen Ratssitzung vom 02. September wurde den Ratsmitgliedern
aufgezeigt, wie sich der Haushalt 2024 droht zu entwickeln. Wir wollten die
Ratsvertreter frühzeitig in die Haushaltsplanungen einbinden, damit diese nicht
erst in den Klausurberatungen im Frühjahr 2024 von den negativen Entwicklungen
überrascht werden.
Im Ergebnis dessen wurde die
Verwaltung beauftragt, ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept zu
erstellen, welches hier heute nun beraten und beschlossen werden soll. Die
Verwaltung hat im Zuge dessen ihre Hausaufgaben gemacht und sämtliche Einnahme-
und Ausgabepositionen beleuchtet und Verbesserungspotenziale ausgearbeitet und
bewertet. Vielfach sind weitere Einsparungen nicht mehr möglich oder auch nicht
vertret- oder vermittelbar.
Wir möchten tatsächlich an
möglichst vielen Stellschrauben und Schräubchen drehen um die
Kostensteigerungen für jeden Einzelnen möglichst moderat zu halten.
Klarstellend möchte ich an
dieser Stelle betonen, dass das Haushaltssicherungskonzept keine verbindliche
Außenwirkung hat. Der Rat entscheidet selbst über die Einschnitte und die Enge
des Haushaltskorsetts.
Das Konzept untergliedert
die Maßnahmen in unterschiedliche Blöcke, die nach ihrer Art und Wirkung hin
differenziert werden:
I Maßnahmen ohne abgebildete finanzielle Auswirkungen
II Konnexitätsprinzip
III Strukturelle Maßnahmen zur Umsetzung
IV Strukturelle Maßnahmen zur Konzeption
V Maßnahmen ohne strukturellen Effekt
VI Präventionsmaßnahmen im Zusammenhang mit Eigengesellschaften
Ich möchte an dieser Stelle nicht auf jeden einzelnen Block eingehen, sondern
lediglich auf die wesentlichen Punkte III - Maßnahmen zur Umsetzung und IV -
Maßnahmen zur Konzeption.
Die zahlreichen im Konzept
aufgeführten Maßnahmen sind nicht alle in Stein gemeißelt und werden auch nicht
alle automatisch durch den Beschluss dieses Konzeptes umgesetzt - nein, es ist
vielmehr so, dass es sich um Absichtserklärungen handelt, sich über zahlreiche
dieser Maßnahmen noch Gedanken zu machen und/oder diese konzeptionell noch
auszuarbeiten sind.
Darüber hinaus schlagen wir
bereits konkrete Maßnahmen zur Umsetzung, wie zum Beispiel die Erhöhung der
Realsteuersätze, der Zweitwohnungssteuer oder die Erhöhung der
Parkraumbewirtschaftungsgebühren vor. Diese konkreten Maßnahmen befinden sich
deshalb zur Beratung und Beschluss auf der heutigen Tagesordnung.
Abschließend möchte ich
nochmals betonen, dass die Zitrone im Bereich der Ausgabeneinsparungen durch
den Entschuldungsvertrag mit dem Land Niedersachsen bereits fast vollständig
ausgepresst ist, sodass lediglich Einnahmeerhöhungen zu einer effektiven
Verbesserung der Haushaltslage beitragen können.
Frau Brandenburg-Bienek bedankte sich für die frühzeitige Beteiligung und gute Vorbereitung. Im Ergebnis sind die Kommunen das letzte Glied in einer Kette und müssen die vom Bund sowie vom Land getroffenen Entscheidungen finanzieren, ohne dass eine ausreichende Finanzausstattung zur Verfügung gestellt wird. Die „Gemeinsam fürs Wangerland-Gruppe“ kann das vorgelegte freiwillige Haushaltskonsolidierungskonzept vollumfänglich unterstützen.
Allerdings warb sie dafür, die Beschlussfassung hinsichtlich der Realsteuern zunächst zu verschieben, weil hier noch Beratungsbedarf gesehen wird. Insbesondere sollten Anreize für die Gewerbesteueransiedlungen geschaffen werden und nicht die Ansiedlung potenzieller Gewerbebetriebe über eine erhöhten Gewerbesteuerhebesatz abgeschreckt werden. In diesem Zusammenhang ist auch die zusätzliche Belastung der Gastronomie über die beabsichtigte Erhöhung der Umsatzsteuer zu sehen.
Frau Kaiser-Fuchs unterstützte die Beschlussfassung des vorgelegten freiwilligen Haushaltskonsolidierungskonzeptes und machte deutlich, dass die negative Entwicklung nicht mit einer schlechten Haushaltspolitik der Gemeinde Wangerland begründet ist.