Beschluss: Abstimmungsergebnis: mehrheitlich dafür

Abstimmung: Ja: 6, Nein: 0, Enthaltungen: 1, Befangen: 0

Beschlussvorschlag:

Der Rat der Gemeinde Wangerland beschließt das freiwillige Haushaltskonsolidierungskonzept in der beigefügten Fassung. Die im Rahmen der Finanzausschusssitzung am 22.11.2023 vorgeschlagenen, kurzfristig umsetzbaren, Maßnahmen werden dem Rat zur Beratung und Beschlussfassung am 12.12.2023 vorgelegt. Darüber hinaus erhält die Verwaltung für die genannten strukturellen Maßnahmen Konzeptionsaufträge. 

 

 


Herr Wichmann verdeutlichte mit seiner nachfolgend im Wortlaut abgedruckten Rede, dass die Haushaltslage äußerst angespannt ist. Wo man hinsieht und hinhört, alle Kommunen stehen aktuell vor enormen finanziellen Herausforderungen. So gehen auch alle friesländischen Kommunen in ihrer Finanzplanung von einem unausgeglichen Ergebnishaushalt im kommenden Haushaltsjahr aus (Gemeinde Bockhorn: - 2,8 Mio. €, Stadt Jever: - 2,7 Mio. €, Gemeinde Sande: -1,1 Mio. €, Stadt Schortens: - 6,6 Mio. €, Stadt Varel: - 16,3 Mio. €, Gemeinde Zetel: - 4,8 Mio. € und der Landkreis Friesland: - 24,8 Mio. €). Allen steht das Wasser also bis zum Hals, und dass nicht, weil die Verwaltungen und ihre Räte nicht haushalten können, sondern aufgrund des gestiegenen Kostendrucks und häufig nicht auskömmlicher finanzieller Ausstattung durch Bund und Land.

Bereits bei den Haushaltsberatungen 2023 in diesem Frühjahr zeichnete sich ab, dass die Gemeinde Wangerland den Gürtel zukünftig etwas enger schnallen müsse. Bei der damaligen Haushaltsplanung 2023 sind wir noch von einem Fehlbetrag von
- 750 TSD € für das Jahr 2024 ausgegangen. Mittlerweile stehen viele wichtige Eckwerte, welche das Haushaltsergebnis maßgeblich beeinträchtigen, fest, sodass sich der Fehlbetrag nach aktuellen Prognosen auf satte 2,4 Mio € erhöhen wird. Zu nennen sind hier beispielsweise die Personalkosten, welche um ca. 1,1 Mio € ansteigen werden oder auch die steigenden Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von ca. 290 TSD €. Weiterhin ist zu erwarten, dass auch die Kreisumlage weiter steigen wird. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass aufgrund der gedämpften gesamtwirtschaftlichen Konjunktur, der Anteil an der Einkommenssteuer bei 4 Mio. € stagnieren wird.

Aber egal wie stark sich die finanziellen Verschlechterungen tatsächlich auf das Gesamtergebnis und den Fehlbetrag auswirken werden, wichtig ist, dass wir frühzeitig den Entwicklungen gegensteuern und nicht erst abwarten, ob nicht doch noch ein Wunder geschieht. Die Zeiten, in denen wir von der Kommunalaufsicht eine Haushaltsnotlage bescheinigt bekommen haben und uns ein Haushaltssicherungskonzept auferlegt wurde, dürfen nicht zurückkehren, denn dann ist es eindeutig zu spät.

Man sollte auch nicht auf weitere Entschuldungsverträge mit dem Land Niedersachsen hoffen. So gut und wichtig dieser 10-jährige Zukunftsvertrag in den Jahren 2012 - 2021 war und zu einer kräftigen Entlastung bei der Gemeinde gesorgt hat, so sehr waren die darin festgelegten Maßnahmen zu sehr auf einen rigorosen Sparkurs ausgerichtet, welcher zum Teil zu einem massiven Sanierungs- und Investitionsstau geführt hat. Dieser Entschuldungsvertrag führte auch dazu, dass Sparpotenziale im vielen Bereichen der Verwaltung häufig schon komplett ausgereizt wurden und es auch heute noch sind.

Wir müssen also unbedingt selbst für eine dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde sorgen, damit Rat und Verwaltung weiterhin selbstbestimmt das Heft des Handelns in der Hand behalten und strukturelle Fehlbeträge vermieden werden können.

Ein frühzeitiges Gegensteuern ist aus Sicht der Verwaltung somit unerlässlich.

Und frühzeitig soll hier auch das Stichwort sein: Noch nie waren wir so früh dran und haben zum Haushalt eines kommenden Jahres bereits Anfang September erste Beratungen gehabt. In der Interfraktionellen Ratssitzung vom 02. September wurde den Ratsmitgliedern aufgezeigt, wie sich der Haushalt 2024 droht zu entwickeln. Wir wollten die Ratsvertreter frühzeitig in die Haushaltsplanungen einbinden, damit diese nicht erst in den Klausurberatungen im Frühjahr 2024 von den negativen Entwicklungen überrascht werden.

Im Ergebnis dessen wurde die Verwaltung beauftragt, ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept zu erstellen, welches hier heute nun beraten und beschlossen werden soll. Die Verwaltung hat im Zuge dessen ihre Hausaufgaben gemacht und sämtliche Einnahme- und Ausgabepositionen beleuchtet und Verbesserungspotenziale ausgearbeitet und bewertet. Vielfach sind weitere Einsparungen nicht mehr möglich oder auch nicht vertret- oder vermittelbar.

Wir möchten tatsächlich an möglichst vielen Stellschrauben und Schräubchen drehen um die Kostensteigerungen für jeden Einzelnen möglichst moderat zu halten.

Klarstellend möchte ich an dieser Stelle betonen, dass das Haushaltssicherungskonzept keine verbindliche Außenwirkung hat. Der Rat entscheidet selbst über die Einschnitte und die Enge des Haushaltskorsetts.

Das Konzept untergliedert die Maßnahmen in unterschiedliche Blöcke, die nach ihrer Art und Wirkung hin differenziert werden:

I           Maßnahmen ohne abgebildete finanzielle Auswirkungen

II          Konnexitätsprinzip

III         Strukturelle Maßnahmen zur Umsetzung

IV        Strukturelle Maßnahmen zur Konzeption

V         Maßnahmen ohne strukturellen Effekt

VI        Präventionsmaßnahmen im Zusammenhang mit Eigengesellschaften


Ich möchte an dieser Stelle nicht auf jeden einzelnen Block eingehen, sondern lediglich auf die wesentlichen Punkte III - Maßnahmen zur Umsetzung und IV - Maßnahmen zur Konzeption.

Die zahlreichen im Konzept aufgeführten Maßnahmen sind nicht alle in Stein gemeißelt und werden auch nicht alle automatisch durch den Beschluss dieses Konzeptes umgesetzt - nein, es ist vielmehr so, dass es sich um Absichtserklärungen handelt, sich über zahlreiche dieser Maßnahmen noch Gedanken zu machen und/oder diese konzeptionell noch auszuarbeiten sind.

Darüber hinaus schlagen wir bereits konkrete Maßnahmen zur Umsetzung, wie zum Beispiel die Erhöhung der Realsteuersätze, der Zweitwohnungssteuer oder die Erhöhung der Parkraumbewirtschaftungsgebühren vor. Diese konkreten Maßnahmen befinden sich deshalb zur Beratung und Beschluss auf der heutigen Tagesordnung.

Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass die Zitrone im Bereich der Ausgabeneinsparungen durch den Entschuldungsvertrag mit dem Land Niedersachsen bereits fast vollständig ausgepresst ist, sodass lediglich Einnahmeerhöhungen zu einer effektiven Verbesserung der Haushaltslage beitragen können.

Frau Brandenburg-Bienek bedankte sich für die frühzeitige Beteiligung und gute Vorbereitung. Im Ergebnis sind die Kommunen das letzte Glied in einer Kette und müssen die vom Bund sowie vom Land getroffenen Entscheidungen finanzieren, ohne dass eine ausreichende Finanzausstattung zur Verfügung gestellt wird. Die „Gemeinsam fürs Wangerland-Gruppe“ kann das vorgelegte freiwillige Haushaltskonsolidierungskonzept vollumfänglich unterstützen.

 

Allerdings warb sie dafür, die Beschlussfassung hinsichtlich der Realsteuern zunächst zu verschieben, weil hier noch Beratungsbedarf gesehen wird. Insbesondere sollten Anreize für die Gewerbesteueransiedlungen geschaffen werden und nicht die Ansiedlung potenzieller Gewerbebetriebe über eine erhöhten Gewerbesteuerhebesatz abgeschreckt werden. In diesem Zusammenhang ist auch die zusätzliche Belastung der Gastronomie über die beabsichtigte Erhöhung der Umsatzsteuer zu sehen.

 

Frau Kaiser-Fuchs unterstützte die Beschlussfassung des vorgelegten freiwilligen Haushaltskonsolidierungskonzeptes und machte deutlich, dass die negative Entwicklung nicht mit einer schlechten Haushaltspolitik der Gemeinde Wangerland begründet ist.