Sitzung: 29.03.2022 Rat
Beschluss: Abstimmungsergebnis: mehrheitlich dafür
Abstimmung: Ja: 22, Nein: 1, Enthaltungen: 1, Befangen: 0
Vorlage: II-957-2022
Beschlussvorschlag:
Der Rat beschließt
die Haushaltssatzung und den Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2022
1. im Ergebnishaushalt
mit dem jeweiligen
Gesamtbetrag
1.1 der ordentlichen Erträge
auf 23.142.484
€
1.2 der ordentlichen
Aufwendungen auf 22.370.182
€
1.3 der außerordentlichen
Erträge auf 10.000
€
1.4 der außerordentlichen
Aufwendungen auf 10.000
€
2. im Finanzhaushalt
mit
dem jeweiligen Gesamtbetrag
2.1 der Einzahlungen aus
laufender Verwaltungstätigkeit 22.280.642
€
2.2 der Auszahlungen aus
laufender Verwaltungstätigkeit 20.816.062
€
2.3 der Einzahlungen für
Investitionstätigkeit 1.379.400
€
2.4 der Auszahlungen für
Investitionstätigkeit 9.378.600
€
2.5 der Einzahlungen für
Finanzierungstätigkeit 5.500.000
€
2.6 der Auszahlungen für
Finanzierungstätigkeit 478.200
€
festgesetzt.
Nachrichtlich: Gesamtbetrag
- der Einzahlungen des
Finanzhaushaltes 29.160.042
€
- der Auszahlungen des
Finanzhaushaltes 30.672.862
€
2. Der Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen
und Investitionsförderungsmaßnahmen (Kreditermächtigung) wird auf 5.500.000 €
festgesetzt.
3. Verpflichtungsermächtigungen werden nicht veranschlagt.
4. Der Höchstbetrag bis zu dem im Haushaltsjahr 2022 Liquiditätskredite
zur rechtzeitigen Leistung von Auszahlungen in Anspruch genommen werden dürfen,
wird auf 3.300.000 € festgesetzt.
5. Die Steuersätze (Hebesätze)
für die Realsteuern werden für das Haushaltsjahr 2022 wie folgt festgesetzt.
5.1. Grundsteuer
5.1.1 für die land- und
forstwirtschaftlichen Betriebe (Grundsteuer A) 450
v.H.
5.1.2 für die Grundstücke
(Grundsteuer B) 450
v.H.
5.2. Gewerbesteuer 450
v.H.
6. Als erheblich im Sinne des
§ 115 Abs. 2 Nr. 1 NKomVG gilt ein Fehlbetrag des Ergebnishaushaltes, der drei
Prozent der Aufwendungen des ordentlichen Ergebnishaushaltes im laufenden
Haushaltsjahr übersteigt und eine Deckung über die festgelegten Budgets nicht
möglich ist.
7. Das vorgelegte
Investitionsprogramm für die Haushaltsjahre 2023 – 2025 wird genehmigt.
Wortbeitrag Herr Osterkamp:
Im Rahmen der
Umsetzung des Zukunftsvertrages wurde der Gemeinde vom Land Niedersachsen
attestiert, ihren Verpflichtungen in vorbildlicher Weise nachgekommen zu sein.
Im Sinne der getroffenen Regelungen stellt die Gemeinde Wangerland ein
positives Beispiel für die mit dem Zukunftsvertrag erreichte Wiederherstellung
der finanziellen Leistungsfähigkeit einer Kommune dar.
So konnten
dauerhaft ausgeglichene Ergebnisse erwirtschaftet, der Sollfehlbetrag aus dem
Jahre 2011 mit 9.212.496,10 € und die Liquiditätskredite von 8.650.000 €
komplett abgebaut sowie die Investitionskredite von 12.469.347,80 € zum
31.12.2011 auf 9.061.602,46 € zum 31.12.2021 deutlich reduziert werden.
Demgegenüber wurde
bereits im Ergebnis einer überörtlichen Prüfung des Landes-rechnungshofes in
den Jahren 2015/2016 zum Themenschwerpunkt „Steuerung mittels kommunaler
Strategien in kleineren Kommunen“ auf die Diskrepanz der Zielerfüllung aus den
Regelungen des Zukunftsvertrages und des damit verbundenen Aufbaus von
Investitionsrückständen hingewiesen. In der Zwischenbilanz des Ministeriums für
Inneres und Sport zur Umsetzung der Entschuldungsprogramme vom 22.09.2017 wurde
diese Problematik ebenfalls dargestellt. So wurde der Fokus bei den ersten
Entschuldungsverhandlungen, zu denen auch die Verhandlungen mit der Gemeinde
Wangerland gehörten, zu stark auf die Haushaltskonsolidierung gelegt. Am
Beispiel der Gemeinde Wangerland wird dieser Aufbau eines Investitionsstaus
insbesondere aus der Reinvestitionsquote deutlich. Diese Kennzahl gibt an, ob
die Investitionen im Haushaltsjahr ausgereicht haben, um den Wertverlust des
Anlagevermögens durch Abschreibungen auszugleichen. Um eine dauerhafte
Aufgabenerfüllung in gleicher Qualität zu gewährleisten, ist eine Quote von 100
% anzustreben. Die Reinvestitionsquoten betragen:
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
2016 |
2017 |
2018 |
2019 |
2020 |
69,624
% |
54,782
% |
43,54
% |
53,694
% |
53,385
% |
68,208
% |
52,705
% |
68,745
% |
90,149
% |
Um diese
Fehlentwicklung entgegenzuwirken, hat der Rat der Gemeinde Wangerland neben dem
eingeschlagenen Weg der konsequenten Entschuldung zukunftsweisende
Grundsatzbeschlüsse im Wege der Selbsthilfe gefasst:
- Die
Realsteuerhebesätze wurden ab dem 1.1.2020 auf einheitlich 450 % und damit
weit über die entsprechenden Landesdurchschnitte erhöht. Dadurch soll
insbesondere der Investitionsstau bei den Straßen sukzessive abgebaut
werden.
- Die Aufgabe der
Oberflächenentwässerung wurde ebenfalls ab dem 1.1.2020 an den
Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband übertragen, weil die
vorhandenen personellen und finanziellen Ressourcen keinen Raum für einen
eigenständigen Abbau des Investitionsstaus in diesem Bereich ermöglichten.
In den nächsten
Jahren stehen enorme Auszahlungsverpflichtungen nur zum Abbau des
Investitionsstaus der gemeindlichen Pflichtaufgaben – Schulen, Kindergärten,
Feuerwehrgerätehäuser, Gemeindestraßen und Digitalisierung - an.
Alleinig durch die
im Jahre 2020 getroffenen Entscheidungen und einer konzeptionellen Abarbeitung
des Investitionsstaus über mehrere Jahrzehnte kann eine Gegenfinanzierung nicht
sichergestellt werden. So ergibt sich für das Haushaltsjahr 2022 eine planerische Kreditaufnahme für Investitionen und
Investitionsförderungsmaßnahmen in Höhe von 5.500.000 €. Für die
Folgejahre ergeben sich folgende Kreditbedarfe: 2023 = 5.200.000 €, 2024 =
2.900.000 € und 2025 = 1.300.000 €.
Im
Ergebnis der Umsetzung des Zukunftsvertrages wurden die Aufwendungen bereits
stets auf das notwendigste Maß begrenzt und bei der Quote der freiwilligen
Aufwendungen wurde die 3 %-Grenze zu keinem Zeitpunkt überschritten. Überdies
ist die Gemeinde nach den
statistischen Daten zur Steuereinnahmekraft nicht mehr als besonders
finanzschwach einzustufen und der Status als Entschuldungskommune besteht
ebenfalls nicht mehr, so dass die Gemeinde beim Ranking von
Zuschussbewilligungen zukünftig nicht mehr privilegiert wird.
Infolgedessen
bleibt nur der Weg, alle möglichen Einnahmepotentiale auszuschöpfen, weil eine
zielgerichtete Unterstützung durch das Land bzw. den Bund derzeitig nicht in
Aussicht steht.
Im
Rahmen seines Etatsrechts obliegt es daher dem Rat die begrenzten finanziellen
und personellen Ressourcen optimal im Interesse der stetigen Aufgabenerfüllung
einzusetzen.